Melanie Siegel malt Landschaftsbilder von altmeisterlicher Qualität. Sie sind menschenleer, wirken etwas verträumt, oft ein wenig unheimlich und werden mit der Richtung der „neuen Romantik“ in Verbindung gebracht. All diese Kompositionen stellen real existierende Orte dar, die verfremdet werden, ohne dass die Veränderung zu offensichtlich wird. Jedoch sind die Eingriffe in das Vorgefundene oft sehr stark, so dass eine ganz neue Komposition und somit ein fiktiver oder "halbfiktiver" Ort entsteht und auf den ersten Blick glaubwürdig erscheint. In diesen gemalten Welten kippt spürbar die Realität, man kann jedoch nicht immer sagen, warum. Als Vorlage für die Kompositionen werden Fotografien verwendet, die im Prozess der Malerei eine Transformation erleben: Schatten werden verlängert, Bäume umgepflanzt, Schärfe und Unschärfe werden subtil manipuliert, was einen illusionistischen Eindruck schafft. In diesen Szenarien erobert oft die Natur von Menschen geformte Räume zurück, was auch manchmal beinahe dystopisch wirkt.
Oft werden wenig spektakuläre Orte oder Motive zum Gegenstand von Melanie Siegels Gemälden gewählt, die sie zur unerwarteten Schönheit erweckt. Durch spezielle Blickwinkel, Lichtverhältnisse und feine Technik der Ölmalerei werden sie nobilitiert und erlangen einen erhabenen Charakter. Bei den Wolkenstudien wird das umgekehrte Prinzip angewandt – der gemalte Himmel darf nicht „zu schön“ erscheinen, darum wird er mit Strommasten und Oberleitungen durchzogen. „Zu viel Schönheit für die Bilder ist nicht gut“, sagt Melanie Siegel, deswegen ist es ihr wichtig, diese Schönheit auf subtile Weise zu brechen. Auch dem Schönen kann ein Unbehagen innewohnen.
Die Künstlerin hat die Münchner Kunstakademie als Meisterschülerin von Karin Kneffel abgeschlossen, dies allerdings nach einer Ausbildung zur Bühnenmalerin.